Paetsch wird 1935 in Fraustadt in der Grenzmark Posen-Westpreußen geboren. Ihre Familie gehört zu den örtlichen Honoratioren – ihr Vater ist Direktor des städtischen Krankenhauses. Nach dem Überfall auf die Sowjetunion wird Astrids Vater nach Riga berufen, wo er die Leitung des deutschen Krankenhauses übernimmt. Die Familie zieht mit ihm in die lettische Hauptstadt. In den Sommermonaten verbringen sie ihre Zeit an der Ostseeküste. Astrid vermutet, dass ihre Villa in Riga einer jüdischen Familie gehörte, die deportiert und ermordet wurde.
Als die Front 1944 immer näher rückt, gelingt es Astrids Mutter Margita, mit den beiden Töchtern Riga über die Ostsee in Richtung Danzig zu verlassen. Der Vater bleibt in Riga zurück und dient später im Marinelazarett von Reval. Margita Paetsch und ihre Töchter kehren über Danzig nach Fraustadt zurück.
Im Januar 1945 ist der Frost beißend; die sowjetische Front rückt bedrohlich näher. Astrids hochschwangere Mutter muss mit zwei kleinen Kindern ihre Flucht organisieren. Jede Tochter trägt einen Brustbeutel mit der Anschrift und dem Namen der Familie. Dick eingemummelt und mit einem schweren Rucksack bepackt, verlassen sie Fraustadt in einem Flüchtlingszug. Doch der Zug strandet nur 50 Kilometer südwestlich in Primkenau. Das niederschlesische Städtchen erlebt Ende Januar das Chaos des deutschen Rückzugs und gewaltiger Fluchtbewegungen, ehe am 9. Februar die Rote Armee einrückt.
Astrids Mutter, im Besitz einer kleinen Minox-Kamera, hält die Eindrücke der Flucht fest – außergewöhnliche Aufnahmen von treckenden Flüchtlingen. Ein besonders prägendes Bild zeigt ihre Töchter vor einem Plakat mit der Aufschrift „Wer plündert wird erschossen“, was eine große Gefahr für sie darstellt, da Fotografieren von Kriegsgeschehen und militärisch relevanten Motiven verboten ist. Die Familie versucht verzweifelt, weiter nach Westen zu fliehen.
In einem Krankenhaus-Transport finden sie schließlich einen Platz und fahren über Görlitz bis nach Zwickau. Astrid erinnert sich an entsetzliche Szenen, die sie durch das Fenster des Zuges sieht: Zwei kleine, in Decken eingewickelte Leichen von Säuglingen werden abgeladen, ein Zettel mit ihren Namen liegt bei ihnen. Auf einem anderen Gleis stehen offene Waggons, in denen KZ-Häftlinge unter erbärmlichen Bedingungen ausharren – stumm und eng zusammengepfercht, um sich gegen die Kälte zu schützen.
Nach Kriegsende wird Astrids Vater aus britischer Kriegsgefangenschaft entlassen und findet sich in der Nähe von Hannover wieder. Im Herbst 1945 gelingt es ihm, seine Familie über die grüne Grenze nach Groß Bülten bei Peine zu holen – eine erneute, riskante Flucht. Am Heiligabend 1947 zieht die Familie schließlich nach Salzgitter-Watenstedt, wo der Vater in einer umgebauten Baracke eine eigene Praxis eröffnen kann.
2015 gibt Astrid Rogalski, wie sie heute heißt, in einem Interview einen Einblick in ihre Erlebnisse und teilt ihre bewegende Lebensgeschichte.